Der Ort - Landwirtschaft

 

Landwirtschaft in Voigdehagen

 

Die Landwirtschaft bestimmte seit jeher das Gesicht des Ortes. Um Äcker und Weiden geht es bei den Eintragungen im Stralsunder Stadtarchiv schon im Mittelalter. Mit Ihren Ankäufen und Pachtungen legten die Stralsunder Kaufleute ihren Handelsprofit relativ wertbeständig in Grund und Boden an; ebenso handelte das Heilgeistkloster als Gesamteigentümer (vermutlich seit Ausgang des Mittelalters, nach dem für 1317 der erste Landerwerb in Voigdehagen durch „Sanct Spiritus“ aktenkundig ist).


 

Einen Gesamtüberblick über die Verhältnisse in Voigdehagen vermittelt uns heute die schwedische Matrikelkarte von 1696, das heißt der Überblick über Land und Leute, Erträge und Abgaben, Besitz und Eigentumsverhältnisse. Zunächst erfahren wir, dass 1321 der Ort ein Stralsunder Stadtdorf mit lübischen Recht ist, gegenwärtig aber „seit alten Zeiten“ das „ganze Ackerwesen“ dem Heilgeistkloster gehöre.


Dieses Gut ist verpachtet, der Pächter bewirtschaftet von Voigdehagen aus noch im benachbarten Zitterpenningshagen die Schäferei und sieben“gelegte) Bauernhöfe (man hatte die Bauern von Ihrem Grund und Boden vertrieben und sie wahrscheinlich zu Tagelöhnern gemacht). Als Personal stehen für den Hof lediglich zwei Knechte und eine Magd zur Verfügung, alle andere anfallende Arbeit von der Frühjahrsbestellung bis zur Ernte und die Fuhren im Winter leisten die „Hofgänger“- drei Kossaten und vier Bauern. Drei Pflüge mit Bespannung unterhält der Pächter selbst, die anderen Ackergeräte müssen die Dienstleute stellen. Die Natrikel gibt ferner Auskunft über die Größe der einzelnen Ackerflächen und deren Ertrag. Die feuchten Wiesen liefern dabei nur „20 Last Heu“. Ob davon der Viehbesitz 12 Pferde, 8 Ochsen, 20 Kühe, 12 Stück Jungvieh, dazu 500 Schafe in Zitterpenningshagen) über den Winter gebracht werden konnte, ist ziemlich fraglich.

Weiter nennt das Verzeichnis als Einwohner von Voigdehagen neben dem Pächter, den Pfarrer, seinen Küster, einen Müller, einen Schneider, einen Krugwirt (der zugleich Landwirtschaft betreibt), einen kleinen Landwirt (Einlieger) und eine Witwe.

Der Krieg (d.h. Die Belagerung Stralsunds 1678, Voigdehagen war das Hauptquartier der brandenburgischen Truppen, die auf der Feldmark an der Stadtgrenze eine Schanze aufgeworfen hatten) hat die Ortschaften des Kirchspiels ruiniert, resümiert der Pastor, von dem die meisten Angaben für die Landaufnahme stammen. Er lebte von seiner Landwirtschaft (33 Morgen Acker, Wiesen mit drei bis vier Last Heu) von den Abgaben der Gemeindemitglieder (16 1/3 Scheffel „Meßkorn“) , benötigte aber für seine Wirtschaftsführung sieben Personen (einen Knecht, einen Jungen, zwei Mägde, drei Hirten)! Der Küster existierte da wohl bescheidener von einer Hafergabe von Wurst, Brot, Eiern und dem kärglichen Ertrag eines kleinen Ackerstücks.


Die Akten des Stadtarchivs berichten auch von häufigen Reibereien zwischen den Pächtern von Voigdehagen und den dienenden Bauern. So gelangen diese Querelen bis in den „hochedlen Rath“ der 1776/1777 beide Seiten zur Erfüllung der bestehenden Vereinbarung ermahnt und den Pächter darüber hinaus ersucht von weiterer, beabsichtigter Legung von Bauern abzusehen.


Peter Uerkvitz, OZ 1982

 

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